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Geschischte der Legio Prima Flavia Minervia Pia Fidelis Domitiana

Obwohl wir das genaue Datum der Gründung rund um das Jahr 82 oder 83 n. Chr nicht kennen, wissen wir um die Begebenheiten rund um ihre Aushebung. Ihre Namensgebung bezieht sich auf die Familie des Kaisers, der Flavier und ihrer Schutzpatronin, der Minerva.


Titus Flavius Domitianus

Kaiser Titus Flavius Domitianus

Der damalige Kaiser Titus Flavius Domitianus plante einen Feldzug gegen die Chatten um seine Herrschaft mittels militärischer Erfolge zu sichern, die ihm zu Lebzeiten seines Vaters Vaspasian und Bruders Titus nicht vergönnt gewesen waren. Die dafür benötigten Truppen stellte das Heer in Germania. Es ist nicht gänzlich zu klären, ob die frisch aufgestellte Legio I Flavia Minervia für den 83 n. Chr. stattfindenden Feldzug oder zur Sicherung vorgesehen war, oder ob sie sogar zu den Feldzügen einfach zu spät kamen. Denn schon im selbsen Jahr feierte Domitian seinen Triumph in Rom. Scheinbar leisteten die Chatten keinen großen Widerstand oder er wurde überraschend leicht gebrochen, denn der Kaiser erntete dafür eher Spott als Bewunderung und Anerkennung, zumal er sich noch den Siegertitel Germanicus verlieh.

Im gleichen Jahr verlagerte die Legio XXI Rapax ihren Sitz aus dem nunmehr befestigten Bonna (Bonn) nach Mogontiacum (Mainz) und die Legio I Flavia Minervia bezog ihr Kastell am Rhein, welches sie für die folgenden Jahrzehnte und Jahrhunderte halten sollte.

Domitians Aufmerksamkeit wurde in den Donauraum gelenkt, als dort 85 n. Chr. die Daker unter Diurpannus einfielen, und in den folgenden Jahren kümmerte er sich vornehmlich um die dort stationierten Legionen.

Der Krieg in Dakien kostete den Statthalter der Provinz Moesia, Oppius Sabinus, das Leben, als die Daker das Lager Novae eroberten.

Beim Vergeltungsfeldzug fiel der Prätorianerpräfekt Cornelius Fuscus, der schon Vespasian auf den Thron verholfen hatte, als sein zügiger Vormarsch zur Niederlage wurde. Erst ein weiteres Jahr später, 88 n. Chr. siegte Tettius Iulianus bei Tappae so deutlich über die Daker, dass ein neuer Friede mit Decebalus ausgehandelt werden konnte. Trotzdem blieb die Donauregion eine umkämpfte Zone gegen Markomannen, Quaden, Sarmaten und Lazygen.

 

Domitian hatte sich nach dem Chattenkrieg mit der Eröhung der jährlichen Stipendien von 225 auf 300, für Jahre die Treue der Legionäre gesichert, und aufgrund seiner langen Konzentration auf die Daker und die Donauregion sollte sich dies als nötig erweisen.

Der Statthalter von Germania, Lucius Antonius Saturninus, brachte die Legionen in Mogontiacum, Legio XIV Gemina und die Legio XXI Rapax, dazu, ihn als Kaiser auszurufen und bald darauf schloßen sich seiner Rebellion die germanischen Auxiliare seiner Region an.

Nicht nur die gekaufte Treue sondern auch die Umwandlung der Grenzregion in zwei vollwertige Provinzen machte sich für Domitian nun bezahlt.

Bucius Lappius Maximus, legatus Augusti pro praetore exercitus Germanici inferioris, Statthalter von Niedergermanien also, setzte seine Legionen umgehend in Richtung Mainz in Marsch und bei Rigomagus (Remagen) kam es zur Schlacht, welche für die kaisertreuen Truppen siegreich verlief.

Kurz danach wurde auch Mogontiacum eingenommen.Saturninus verlor in diesen Kämpfen sein Leben und sein Plan, die Chatten zu Hilfe eilen zu lassen wurde vom vereisten Rhein verhindert.

Für die gezeigte Treue erhielten die Legionen der Provinz Germania inferior, die Legio I Flavia Minervia, Legio VI Victrix, Legio X Gemina und Legio XXII Primigenia erhielten den Ehrentitel Pia Fidelis Domitiana (dem Domitian pflichtbewußt und treu).

Direkt im Anschluß an diesen Aufstand marschierte die legio I Flavia Minervia pia fidelis Domitiana zusammen mit vexillationes aus Britannien und der legio XIV Gemina als Kern des Heeres mit Domitian nach Carnuntum.
Vort dort nahm sie an den recht erfolglosen Kämpfen gegen die Markomannen teil und hielt die Stellung, als der Kaiser gezwungen war, die restlichen Teile des Heeres bis zum Friedensschluß mit den Dakern und einem Waffenstillstand mit den sarmatischen Jazygen abzuziehen und die restlichen Abschnitte der Donaufront zu stabilisieren.
Aber schon 92 n. Chr. kehrte die Legion wieder nach Bonn zurück.

Minerva


Als Domitian getötet und sein Name geächtet wurde, verlor die Legion Teile ihres nunmehr recht langen Namens: Legio I Flavia Minervia Pia Fidelis Domitiana. Alle Bestandteile, die auf den ermordeten Kaiser hindeuteten wurden getilgt, so wurde aus ihr die Legio I Minervia Pia Fidelis.

Ihre Insignien sind auf verschiedenen Ziegeln und Schindeln zu sehen. Noch unter dem Kaiser Gallienus belegen Münzfunde ihre Anwesenheit und ihren Namen sowie ihre Insignien.

Als Trajan, folgend auf Nerva, sich um die Probleme an der Donau kümmern müßte, indem er neue Verträge mit den Grenzvölkern aushandelte und weitere Kämpfe gegen die Daker ausfocht, holte er die Legionen oder Vexilationen (Abordnungen) Legio I Minervia PF, Legio VI Victrix PF und Legio X Gemina PF, also die Kampfgefährten aus dem Jahr 89 n. Chr. in die umkämpfte Region.

Zuvor, 101 n.Chr. hatte eine vexillatio der Legion Steine im Brohltal geschlagen und wie alle dort arbeitenden Teile des Niedergermanischen Heeres dem Hercules Saxanus ein Denkmal gesetzt. Als sie dann abgezogen wurde, nahm eine vexillatio der legio XXII ihren Platz ein und arbeitete auch in den Steinbrüchen.

Durch Inschriften und Steinsetzungen ist uns bekannt, dass die legio I M PF seit 145 n.Chr. Abteilungen in Iversheim stehen hatte, die sich dort mindestens bis in die Zeit von Alexander Severus aufhielt, 190 n.Chr. sogar unter dem Kommando des praefectus castrorum Sabinius Neptianus.
ein dort gefundener Feldofen gibt Anlaß eine Kalkbrennerei dort zu vermuten.


Grabstein eines Legionärs

Im zweiten Jahrhundert begann die Legion zudem eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit einer vexillatio der legio XXX Ulpia aus Vetera. Ihre Bauten standen sowohl in Bonna als auch im heutigen Holland.

In den Jahren 101 – 102 n. Chr. schlugen die römischen Truppen den Dakerkönig Decebalus und schufen so die Grundlage für einen weiteren Frieden, der wiederum nur zwei Jahre hielt. In den Jahren 105 und 106 n. Chr. wurde Dakia in Gänze erobert und Decebalus beging auf der Flucht vor den römischen Truppen Selbstmord. Dies ist auf der Trajanssäule in Rom, auf welcher der Kaiser seine Taten feiert noch heute hervorragend zu sehen.

Vermutlich half eine Vexilatio der Legio I Minervia auch auf den Feldzügen in Parthia mit, bevor sie wieder nach Hause, nach Bonna versetzt wurde. Dort wurden Teile der Legio XXX Ulpia Victrix mit einquartiert, ebenso wie in Rigomagus und der Größte Teil in Vetera anstelle der nach Britannien abgezogenen Legio VI Victrix.

Die nächsten militärischen Aktivitäten größeren Ausmaßes verzeichnete sie mit der Teilnahme an den Feldzügen in Parthia unter Lucius Verus 162 - 166 n. Chr, den Chaukenkämpfen 173 n. Chr. und den Markomannenkriegen von 166 n. Chr an bis 175 n. Chr. bzw. 178 - 180 n. Chr.

Ihr glückliches Händchen in der Wahl ihres anerkannten Kaisers bewies die Legion dann erneut im Jahr 193 n. Chr. als sie treu zu Septimus Severus hielten.

Unter ihm wurde auch ein Teil der Legio I M PF nach Lugudunum (Lyon) verlegt, um das Hinterland zu schützen, zusammen mit Einheiten ihrer Schwester der Legio XXX Ulpia Victrix.

 

In der Folgezeit ändert die Legion ihren Namen wie das Reich die Kaiser, unter den Kaisern Caracalla und Heliogabalus trug sie den Namen Antoniniana, kurz darauf Severus Alexandriana,und schließlich auch Maximiniana. Die Vermutung liegt also nahe, dass sie in den Bürgerkriegen die jeweils siegreiche Seite als die ihre wählte.

Allerdings bezog die Legio I M PF wie auch die Legio XXX Ulpia Victrix PF nunmehr kleinere, wehrhafte Kastelle, wie etwa die Bauten in Köln – Deutz und Haus Bürgel bei Mindelheim. Das ehemalige Lager in Bonna wurde aufgelassen und von Zivilisten besiedelt.

Die Legion taucht erneut auf, als der Kaiser Gallienus 260 n. Chr. eine vexillatio zusammen mit Abteilungen der britannischen Legionen II Aug., XX Val., VI vict. und der germanischen VIII Aug., XXII Prim. und der XXX Ulp. gegen den Usurpator Ingenuus nach Pannonien sendet.

Mit den Frankeneinfällen endet auch die Geschichte der Legio I M PF, sie verschwindet aus der Geschichtsschreibung.

Nach den Reformen die zur Bildung der comitatensischen Truppen und der limitatischen Grenztruppen führten taucht dank der Heeresliste „Notitia Dignitatum“ eine Einheit Namens Minervi auf, die möglicherweise die Nachfolgerin der Legio I Minervia ist.

Deutliche Hinweise auf Dienste der Legion in Colonia Claudia Ara Agrippinensium (Köln) bieten Inschriften und Namensnennungen auf Altaren, Opfersteinen und Grabsteinen, welche in und um Köln gefunden werden.

Aber die Legion hinterließ auch Zeichen ihrer Tätigkeit in Steinbrüchen und an Aquädukten in der Eifel und im Vorgebirge. Es wird vermutet, dass vexilationes fabri von England bis Mauretania im Einsatz waren.

Weihestein aus dem späten 2 Jh. n. Chr. (aus dem Buch "das römische Bonn" )

Münzen mit der Minervia als Abbild.

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Quellenverweise:  
CIL XIII 8832
CIL XIII 8053
CIL XIII 7996
CIL XIII 7944
CIL XIII 7945
CIL XIII 7946
CIL XIII 7943
CIL XIII 7697