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Geschichte der Legio Prima Germanica

Es fällt uns sehr schwer, genau zu orten, wann eben diese I. Legion aufgestellt wurde, da es natürlich zu fast jedem Zeitpunkt eine Truppe mit dieser Nummer in der Armee gab. Um genau zu sein führten die vielen Aufstellungen der Folgezeit dazu, dass die Legio I gleich mehrfach existierte, unterscheidbar nur durch ihre Beinamen.

Schildbemalung der Cohors I Thracum

Caesarische Soldaten

Abbildung Musée de la Civilisation gallo-romain Lyon

Die erste wirklich greifbare Erwähnung jener Legion, die später eindeutig als Legio I Germanica identifizierbar wurde findet in den Unruhen des Jahres 14 n. Chr. statt. Bei Tacitus hält Germanicus eine Ansprache an die meuternde Truppe, bestehend aus einer Legio I und XX im Gebiet der Ubier. Hier betont jener literarische Germanicus, dass beide Truppen ihre FeldzMöglicherweise wurden die Zeichen, aufgrund eben der bevorstehenden Meutereien aber auch als Symbol des Machtanspruches des dem verstorbenen Augustus folgenden Kaisers einer „Erneuerung“ unterzogen und die Truppen bestanden schon seit den vorhergehenden militärischen Reformen oder noch länger.

Sollte jedoch die ursprüngliche Annahme korrekt sein, dürften beide Legionen in der Folge der Varusschlacht ausgehoben oder zumindest legalisiert worden sein, als Tiberius die Krise beheben wollte.

Nachdem ihre Treue wiederhergestellt worden war, setzte man sie auch prompt in den folgenden Feldzügen ein und sie bewies ihren Schlachtwert als sie sich mit Caecina ihren Heimweg freikämpfte.

Die Folgezeit verbrachte die Legion relativ friedlich weiter im Ubiergebiet, vermutlich im Lager auf dem Gebiet des heutigen Neuss.


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In den 40er Jahren des 1. Jh.n.Chr. kam es dann zur Verlegung auf das Territorium des heutigen Bonn, wo sie ein befestigtes Lager anlegte.

Im Zuge der Britannienfeldzüge des Claudius kam es zu Bewegungen in der Zusammensetzung der Truppen und vermutlich in diese Zeit, 43. n. Chr. oder in die Zeit des Rückzuges aus dem Friesengebiet 47.n.Chr. Wurde die legio I Germanica nach Bonn versetzt und baute dort das Lager um und aus. Auf dem Areal hatte bis dahin die cohors I Thracum und die ala Frontoniana gestanden. An deren Stelle wurde erst die ala Pomponiani und möglicherweise die cohors Silaucensium der Legion zur Seite gestellt, nur um in der Mitte des 1. Jh.n.Chr. durch die ala Longiniana und die cohors V Asturum ersetzt zu werden.


Die Folgegeschichte gestaltete sich ungleich weniger ruhmreich. Eine Abordnung, eine so genannte vexillatio findet herausgehobene Erwähnung in den Berichten um die Geschehnisse des Vierkaiserjahres 69 n.Chr. als sie auf Seiten Vitellius Rom nahmen und versuchten, Vespasian zu besiegen. Die erste vom besagten Usurpator gesandte Abteilung sollte über Gallien nach Italien ziehen. Sie war 40 000 Mann stark und wurde vom Legaten der legio I Germanica geführt, Fabius Valens, von der sie wie Tacitus im zweiten Buch seiner Historien berichtet eine vexillatio enthielten.

Cingulum eines Soldaten der Leg I Germanica

Grabstein neronischer Zeit


Sie kämpfte zusammen mit dem zweiten, 30 000 Mann starken Heer aus Obergermanien gegen die Truppen des Kaisers Otho in der Schlacht von Bedriacum und siegte.
Vitellius, der nicht ahnen konnte, dass er bereits gesiegt hatte, war derweil mit weiteren Truppen, darunter eine weitere Abteilung der legio I Germanica, unterwegs nach Italien, wo sich diese mit der vorangegangenen Abteilung vereinigte und zusammen mit den Abteilungen der anderen Legionen in Rom Einzug hielt.
In der folgenden Schlacht bei Cremona unterlagen aber die Vitellianer den Truppen des Vespasian und die Reste der Abteilungen wurden nach Illyrien geschickt und dort auf die bestehenden Einheiten aufgeteilt.

Cingulum eines Soldaten der Leg I Germanica

Grabstein neronischer Zeit

Der Rest der Legion wurde erst von den aufständischen Batavern vor dem Castra Bonna geschlagen und anschließend, als sie sich dem Kampf des Vespasian loyalen Statthalters Hordeonius Flaccus anschlossen, waren sie an dessen Ermordung beteiligt. Grund hierfür waren die Donative, die Geldgeschenke, die er an seine Soldaten verteilte. Diese Geldwerte gehörten Vitellius, Flaccus verteilte sie aber im Namen des Vespasian, und die ihrem Kaiser treuen Soldaten rächten dies und verließen die Front des neuen Kaisers, nur um durch ihren ehemaligen Tribun Dilius Vocula wieder an ihren Schwur erinnert und gebunden zu werden.

Aber auch dieser Mann wurde von einem Mitglied der Truppe ermordet und ihr Kurs somit wieder auf die Seite der Rebellen gebracht. Nach Tacitus geschah dies auf betreiben des Classicus durch einen ehemaligen Legionär, genannt Aemilius Longinus.

Sie werden zusammen mit der Legio XVI Gallica nach Augusta Treverorum verlegt. Dort rückten die Legio XXI Rapax heran, verstärkt durch einige Auxiliareinheiten und Singulares, und obwohl diese Truppen den vereinigten Rebellenstämmen, Triboker, Vangionen und Cäracaten unterlegen waren, gingen die Legionäre der I. Und XVI. Legion erneut zu den Vespasianern über und leisteten wiederum den Treueid.

Der Feldherr Cerialis, der eine beträchtliche Streitmacht aufbot um diesen Aufstand endlich zu befrieden, nahm sie trotz der wechselhaften Vorgeschichte wieder auf.

Doch schon in der nächsten Schlacht in der nähe der Stadt Augusta Treverorum bewiesen die Truppen ihren desolaten und wechselhaften Zustand, vermutlich hatten sie schon allein aufgrund der auf sich geladenen Schmach keinerlei Kampfgeist mehr. Die durch Tutor, Classicus und Civilis angeführten Germanen und Gallier stürmten an und die Reste der beiden gebeutelten Legionen flohen. Nur die erneute Anwesenheit der Legio XXI Rapax rettete den Tag und die Schlacht.

Es ist nicht unumstritten ob sie noch weiter beteiligt war an den folgenden Kämpfen und der Schlacht um Vetera, eindeutig und unumstößlicher Fakt ist jedoch ihre Auflösung im Jahre 71 n. Chr.

Obwohl sie ob ihres Verhaltens und der auf sich geladenen Schande aufgelöst wurde, gab man ihr sozusagen posthum den Beinamen Germanica, jedoch eher aus praktischen Gründen denn als Ehrenzeichen.

Bleibt nur zu sagen, so viel Ruhm und Ehre sich diese Legion kurz nach ihrer Aufstellung auflud und in der ersten Hälfte des Jahrhunderts auf sich zog, so unrühmlich und klanglos war ihr Niedergang.

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Quellenverweise:  
Tac ann I 38,1
CIL XIV 3602 (Torquatus Novellius als Tribun Sonderkommando über 4 vexillationes)
Tac hist I 61
Tac hist II 57
Tac hist II 89
Tac hist II 100
Tac hist III 22